jueves, 1 de mayo de 2014

Lob des Rollenkoffers



Von Claudio Steinmeyer / Beitrag zum Treffen Ausstellung „Koffer“, Kamin Fabrik (Berlin) am 24.04.2014




Wie üblich werde ich versuchen, das Publikum, das unsere Fachsprache nicht unbedingt kennt, anhand einer Reflexion mit unseren psychoanalytischen Konzepten vertraut zu machen. In diesem Fall, mit dem Sympthoma, was nicht mit Symptom zu verwechseln ist.



Wir befassen uns also heute mit den Koffern, Reisetaschen, Gepäck und ihre Verbindung mit der kreativen Tätigkeit. Was lässt sich aus der Sicht der Psychoanalyse über Koffern und Kunst sagen, das nicht töricht wäre? Was kann ich schon darüber sagen, da meine Kenntnisse über bildende Kunst gerade mal denen eines Amateurs entsprechen, der sich mit dem ästhetischen Genuss begnügt. Ich wende mich also den Kunstbereichen zu, in denen ich mich etwas sicherer fühle, bzw. der Literatur.

Es geht um eine Frage, die Paul Auster einer seiner Figuren sagen lässt im wunderbaren Roman Timbuktu, ein sehr empfehlenswertes Buch für jeden, der schon mal eine große Zuneigung zu einem Hund empfand:



Rollenkoffer... mehr als 30.000 Jahre haben wir unsere Last selbst getragen... mit Rückenschmerzen und Erschöpfung... Warum mussten wir bis zum Ende des 20. Jahrhunderts abwarten, dass dieses Ding erfunden wird?“



Die Erfindung des Rollenkoffers und die Frage, warum sie so lange gedauert hat. Klar ist, dass der Mensch seine Zeit brauchte, um bequem auf der Erde zu leben. Vielleicht hat sich das in letzter Zeit etwas beschleunigt.

Das wundert mich immer – die Zeit, die wir brauchten, um unser Leben etwas bequemer zu gestalten. Bitte versteht mich nicht falsch, ich meine damit nicht etwa, ein Auto zu kaufen. Ich meine das innere Rad.



Das Rad, sei es als industrielle Erfindung, technologisches Erzeugnis oder Kunstwerk zu verstehen. Keine Frage, das Rad gehört zur Kultur, es müsste zu den Polaritäten von Levi Straus zählen: Natur-Kultur, süß-salzig, roh-gekocht und eben (er)tragen-auf Räder tragen.





Psychoanalyse ist genau das: Die Erfindung des eigenen Rads. Um schneller zu gehen? Vielleicht. Aber auf jeden Fall um leichter durchs Leben  zu gehen, um mit weniger Anstrengung die gleiche Last zu tragen.



Wie ihr seht, geht es in diesem kurzen Schriftstück, das sich am Rollenkoffer inspiriert, um das Rad als Metapher. Eine Metapher dessen, was während der Psychoanalyse erfunden oder erbaut wird. In der Psychoanalyse hat Lacan diesem metaphorischen Rad den Namen Sympthoma gegeben (Verdichtung zwischen Symptom und Phantasma), den er mit Hilfe des Werkes eines anderen Schriftstellers, James Joyce ausarbeitete, artikulierte.



Aber gerade das Rad, die Rad-Metapher, passt außerdem gut zu den großen Arbeitsbereichen einer Psychoanalyse: S, I und R.

Zum Symbolischen, weil ein paar Herren-Signifikanten erforderlich sind, um „das Rad zu denken“: 360 Grad, die Zahl Pi, usw.

Zum Realen, denn durch den Einsatz der Räder ist es zweifelsohne der eigene Körper, der Erleichterung empfindet.



Die Besänftigung des Imaginären mit seinen charakteristischen, besonders aggressiven Resonanzen zugunsten eine Verknotung zwischen S und R womit der ewigen Konflikt zwischen Signifikanten und Signifikat, Trieb und Realität, kanalisiert werden kann. Was auch dem Ich von der Angst erleichtert.





Selbstverständlich ist der Sympthoma für jeden anders, und hier wird der Unterschied zur Wissenschaft klar; es gibt keine universelle Antwort. Das politische Motto „Räder für Alle“ funktioniert hier nicht. Auch geht es nicht um das „Versprechen des Rades zum Schluss“, was die Psychotherapie bietet. Tatsächlich ist die Psychoanalyse der einzige Ort, in dem die Erfindung des Subjektes, d.h. das Werk, das das Subjekt während der Analyse und der Erfahrung seines Genusses erschafft, eine Wahrheit in der Form eines „rechteckigen Rades“ ergibt.






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